01 Das Zeichnen

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Das Zeichnen

 

»Zeichnen« heißt: die Formen eines Gegenstandes, die durch Licht und Schatten geschaffen werden, in Hell und Dunkel (Weiß und Schwarz), ohne Rücksicht auf seine spezielle Färbung kennen zu lernen und wiederzugeben.

 

Diejenigen Formen, welche zum Hintergrund herumgehen und teils verschwinden, bilden den Umriß (Kontur); dieser gestaltet sich zu einer fortlaufenden, umschließenden Linie.

 

Das vom Licht (Sonne, Mond, künstliches Licht) beschienene Stück des Gegenstandes nimmt je nach der Beschaffenheit seiner Fläche eine bestimmte Form an; ebenso der Schatten, welcher der Teil des Gegenstandes ist, der von der Beleuchtung abgewandt ist. Der ganze Körper wirft dann noch den Schlagschatten, der entweder auf den Boden oder auf andere in seiner Nähe stehende Körper fällt, und der auf diese Weise oft einen Teil seiner Umgebung in Dunkelheit hüllt.

 

Ein weiterer Grad des Zeichnens ist das Beobachten, wie die Abstufung dieser drei einfachen Arten von Licht, Schatten und Schlagschatten vor sich geht: in den Variationen der Tonwerte, indem vom hellsten bis zum dunkelsten Ton eine ganze Skala, je nach der Vielfältigkeit der Formen, gesehen werden kann. Dadurch wird die Täuschung der Körperhaftigkeit her vorgebracht; der technische Ausdruck hierfür ist aus der Bildhauerei, wo alles rund und greifbar ist, hergeholt: das Modellieren.

 

Hier wäre der Ort, hervorzuheben, daß also »Zeichnen« lediglich die richtige Wiedergabe des Vorbildes bedeutet (wie auch später das Malen), gleichviel durch welche Behandlung des Materials, womit gearbeitet wird.

 

Das ist der Gegensatz zu der Ansicht der Dilettanten, die da glauben, daß »Zeichnen« eine Handgeschicklichkeit wäre, die aus eleganten und kapriziösen Strichen und Schraffierungen bestände.

 

Das Material zum Zeichnen ist: Kreide, Kohle, Bleistift, schwarze oder farbige Tusche; die verschiedensten Sorten Papier; zum Wegwischen falscher Stellen: Gummi oder Semmelkrume, für Tusche: Messer.

 

Für Ausführungen in sämtlichen Tonwerten wird Kohle bevorzugt, die bei der Korrektur leicht verwischbar ist, und den größten Reichtum von Tonvariationen gestalten läßt. Als Papier zu derartigen Kohlenzeichnungen sind die »Ingres-Bogen« zu empfehlen.

 

Die Malerei bewegt sich immer in den sinnlichen Wahrnehmungen des Auges; deshalb werden auch zur Erlernung des Zeichnens Vorbilder (Modelle) aus der Natur genommen.