01 Allgemeines

Nach oben  Zurück  Weiter

Allgemeines

 

 

Malerei wird diejenige Kunst genannt, welche Vorgänge, die das Auge in der Natur erschaut, figürliche Szenen oder Landschaften, Schilderungen in Innenräumen, mit Vordergrund und Hintergrund, auf eine ebene Fläche täuscht, und zwar so, daß alle in der Natur freistehenden Gegenstände ebenfalls von Licht umgeben und rund dazustehen scheinen, die Terraineigentümlichkeiten mit allem, was darauf ist, sich bis zum Horizont hin vor- und rückwärts zu verschieben scheinen, so daß eine Tiefenwirkung erzeugt wird. Die Tafel, auf der die Malerei geschaffen werden soll, muß man sich immer senkrecht stehend zu dem Vorbilde in der Natur denken.

 

Im allgemeinen setzt man voraus, daß Menschen, die sich dieser Kunst widmen wollen, eine angeborene Befähigung dazu mitbringen. Diese Befähigung nennt die Menschheit Talent. Dasselbe zeigt sich schon in frühester Kindheit, und später hilft es den Bedürftigen ihre Armut überstehen, indem die Freude an dem zu Schaffenden ein Glücksgefühl verursacht, das alles Widrige unbedeutend macht. Wiederum hält das Talent den Begüterten ab, seinen Reichtum zu mißbrauchen für Abschwenkungen aller Art, aus derselben Freude an der Schaffenslust.

 

Ein süddeutscher Akademieprofessor behauptete nicht ganz unrichtig, daß drei Dinge notwendig wären, um einen tüchtigen Maler zu machen, nämlich: Talent, Fleiß und Geld. Von diesen dreien dürfte auch eines fehlen, aber nie käme man nur mit einer einzelnen von diesen Eigenschaften zu einen guten Resultat;

 

also: mit Talent und Fleiß,

 

oder mit Talent und Geld,

 

oder mit Fleiß und Geld.

 

Um zu dem Schaffen eines Kunstwerkes (Bildes) zu gelangen, sind folgende Studien notwendig:

 

1. das Zeichnen,

 

2. das Malen.

 

Ferner theoretischer Unterricht:

 

1. die Perspektive (Raumgefühl, Größenverhältnisse).

 

2. Anatomie des menschlichen Körpers (Klarheit in der Konstruktion; Knochen- und Muskellehre).

 

3. Kunstgeschichte (Studium von Bildern aus der Vergangenheit, um darauf weiter zu bauen).

 

Jeder Mensch, der sich der Malerei befleißigt, wird schon in seinem Studium anders geartet sein, wie sein Nachbar. Ihre verschiedene Auffassung ist in der persönlichen Individualität bedingt.

 

Je talentvoller nun ein Künstler ist, desto fremdartiger wird seine Auffassung (Individualität) dem Publikum erscheinen. Die Masse wird ihn nicht verstehen, und die Folge ist, daß seine Werke auf absehbare Zeit verkannt und keine Abnehmer finden werden. Er selbst muß sich durchsetzen und das Publikum niederzwingen; alsdann wird seine Wertschätzung desto stärker im Volke sein, und sein Ruhm überlebt ihn. Oftmals kommt er erst nach seinem Tode bei einer besseren Generation zu seinem Recht.

 

In diesem Buche wird hauptsächlich das Studium des Zeichnens und Malens mit besonderer Wichtigkeit klargemacht werden. Den theoretischen Unterricht der drei anderen angeführten Punkte durch Bücher oder Vorträge aufzusuchen, wird die Pflicht jedes Studierenden sein.