1905 Paul Gauguin

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Paul Gauguin (1848-1903)

(1905)

Gauguin suchte auf die Errungenschaften des Impressionismus eine monumentale und symbolische Malerei aufzubauen.

Der Impressionismus Monets ist aufgegangen im Bestreben, die Natur zu packen und das Material zu beleben. Gauguin will außerdem die Impressionen und das dem Material eingehauchte Leben in einen dekorativen Rhythmus bringen und mit geheimnisvoll gefühlstiefen Beziehungen ausstatten. Monet und Gauguin repräsentieren zwei aufeinanderfolgende Generationen in der französischen Malerei.

Das Monumentale und Dekorative erstrebt Gauguin durch eine innere Gesetzmäßigkeit der Farbenharmonien, durch breite, plakatartig wirksame Farbenflächen, durch stark betonte und vereinfachte Linienzüge. Aber jedes dieser Elemente behält in sich doch die unmittelbare Wirklichkeit und das materielle Leben der impressionistischen Kunstweise.

So entspringen die Farbenzusammenstellungen dekorativen Konzeptionen. Aber die Valeurs, die Werte der Nuancen und Töne, sind wirklichkeitsgetreu und konsequent aneinandergereiht. Keine Willkür oder oberflächliche Beobachtung wirft den Raum durcheinander, widerspricht der einmal angenommenen Raumidee. Die Farbenflächen werden, je weiter sich Gauguin entwickelt, immer breiter und mehr plakatartig. Aber das Tote solcher einfarbigen breiten Flächen bleibt vermieden durch den Farbenauftrag, der systematisch die breite, anscheinend einfarbige Fläche durch lauter kleine, dichte, impressionistische Pinselstriche in vibrierende Töne auflöst und so der Farbe eine edelsteinartige Kostbarkeit und Tiefe gibt. Die gelben Hintergründe gewisser Bilder wirken wie Gold oder noch edler wie gewisse sehr klare Sonnenuntergangs-Himmel. Die Linien sind groß und einfach. Sie sind aber nicht schematisch-akademisch; sondern jedesmal neu aus dem unendlichen Arabeskenreichtum der Wirklichkeit abgeleitet. Ingres und Degas stehen zwischen Gauguin und der bequemen Monumentalität akademisch-dekorativer Linienschönheit.

Das Symbolische, das geheimnisvoll Märchenhafte erreicht Gauguin hauptsächlich durch die Neuheit, die Fremdartigkeit seiner Farbenharmonien; weit mehr als durch das Exotische des Gegenstandes. Er hat zwar in den letzten Jahren hauptsächlich Martinique und dann Tahiti und deren paradiesische Natur und Menschheit gemalt. Aber mehr wegen der neuen, geheimnisvoll erregenden Farbensymphonien, Gedichten von Baudelaire ähnlich, die sie suggerieren, als weil er direkt durch den Gegenstand interessant und geheimnisvoll sein wollte. Dieses billige Mittel, durch den Gegenstand »schön« oder »symbolisch« wirken zu wollen, lag ihm als Künstler natürlich fern.

Gauguins Einfluß auf die jüngeren französischen Künstler ist sehr groß gewesen. Zunächst auf die ihn im Orte Pont Aven umgebende Schülerschaft, die dadurch auch auf Deutschland zu wirken begonnen hat, daß ein Schüler Gauguins seit kurzem an der großen Benediktiner-Malerschule in Beuron mitwirkt und die ganze deutsch-kirchlich katholische Malerei zu beeinflussen beginnt. In Frankreich ist Gauguins Einfluß besonders durch die Förderung von Maurice Denis und dem großen Bildhauer Maillol historisch bedeutsam. Zum Schluß hat das Museum den Herren Fayet, Fabre, de Monfried seinen Dank auszusprechen, deren Privatsammlungen sämtliche ausgestellten Werke Gauguins entstammen.